Guter Artikel, gute website, vielen Dank!
Die Folgerung, dass die Anzahl der "harten" Wiederholungen der Hauptstimulus für Hypertrophie ist, scheint mir gut belegt. Im Bezug auf Maximalkraft mag die Höhe des gewählten Widerstands wichtiger sein, aber das geht nach Spekulation des Autors vor allem auf neurale Anpassungen zurück:
The next pattern that appears is that heavier weights make the participants better at lifting heavier weights, and lighter weights make the participants better at lifting lighter weights, even though muscle growth is the same. This could be due to a variety of factors that as of yet are unexplored in the literature: neural adaptations to specific loads, fiber type specific hypertrophy, aerobic/anaerobic adaptations in muscle fibers, and so on. I personally lean toward the effect being mostly neural in nature, with actual differences in muscle adaptation being minimal, but that’s abject speculation on my part and it remains to be seen what the real answer is.
Da das Training mit schweren Widerständen auch für den passiven Bewegungsapparat (Sehnen, Bänder, Gelenke) eine wesentlich höhere Belastung darstellt als leichte Widerstände, und zudem zu technischen Fehlern bei der Übungsausführung verleitet, wäre es naheliegend, dieses zu minimieren oder ganz darauf zu verzichten, wenn Hypertrophie das Trainingsziel ist, und Maximalkraft egal.
Da tauchen aber zwei Fragezeichen auf:
1) Soweit ich weiß gibt es eine Menge Studien, die belegen, dass ein größerer Hypertrophieeffekt erzielt wird, wenn man gleichzeitig mit verschieden hohen Widerständen trainiert (also Kombination von Sätzen mit hoher, mittlerer und niedriger Wdh-Zahl). Die theoretische Erklärung dafür ist, dass dadurch verschiedene Arten von Muskelfasern besser angesprochen werden.
Der verlinkte Artikel vergleicht nur Studien, die sich auf einzelne Wdh-Bereiche beziehen, kann darüber also keine Aussage treffen. Nach der Theorie des "size principle" sollte die Höhe des Widerstands allerdings keine Rolle spielen, auch wenn es da noch einige Fragezeichen gibt:
Now, there is some recent EMG evidence that calls into doubt whether the biggest/fastest motor units are recruited during high rep sets to failure in trained lifters, but there are several possible explanations for the lower EMG readings with low loads,(5) and the size principle has thus far stood the test of time. It could be that while the largest fibers were indeed recruited during low load lifting to failure, less fibers were being recruited simultaneously, so the peak EMG was lower. It could also be that trained lifters who have been lifting in a certain rep range for a long time are able to put forth more effort in that rep range (typically a heavier load), and if they had trained for a few weeks with the lighter load, they would have learned to put forth equivalent effort.
2) Eventuell hat das Training speziell mit höheren Widerständen zwar nicht auf die Muskeln, aber auf andere Strukturen des Bewegungsapparats einen einzigartig positiven Einfluss: Ich habe mal einige Monate lang nur mit sehr leichten Widerständen trainiert. Als ich dann irgendwann mal wieder ein paar Sätze mit hohen Gewichten machte, war meine Leistung natürlich schwächer (was zu erwarten war). Allerdings kam es mir auch so vor, dass meine Sehnen, Bänder und Gelenke auf die hohe Belastung nicht mehr vorbereitet waren und wesentlich mehr "rumzickten" als vorher.
Also könnte das Training mit schweren Widerständen allein aus allgemein gesundheitspräventiven Gesichtspunkten Sinn machen, um alle Strukturen seines Bewegungsapparats ganzheitlich zu stärken (gerade durch die oben angesprochenen höheren Belastungen), und nicht nur die Muskulatur.
Zusätzliche Anmerkung: Wenn wirklich die Anzahl der "harten" Wiederholungen von solch entscheidender Bedeutung ist, dann machen Clustersysteme, rest-pause, myo-reps, PITT etc. großen Sinn, weil diese den Anteil der "harten" Wiederholungen relativ zum Gesamtumfang des Trainings stark erhöhen. Das wäre nicht nur zeiteffizienter, sondern auch risikoärmer, und man könnte sich schneller erholen als bei "straight sets".
Gerade beim Training mit leichten und sehr leichten Widerständen finde ich rest-pause eine gute Möglichkeit, da hier der Anteil der "harten" Wdh am Gesamtvolumen besonders klein ist, und es bei Satzdauern von über 15-20 Wdh aufgrund von Milchsäureakkumulation (Brennen) schwer wird, direkt "true failure" zu erreichen. In den nachgeschobenen rest-pause Minisätzen habe ich da viel weniger Probleme.
Eine Idee für eine ungewöhnliche aber angeblich hocheffektive Kombination von leichten und schweren Widerständen liefert diese Studie:
https://veganstrength.forumieren.com/t4709-study-double-your-gains