Blindenhunde

Hallo, ihr Lieben!

Ich brauche mal eure Hilfe (Meinungen) zu einem für mich recht schwierigen Thema. Derzeit absolviere ich ein Mobitraining mit dem Blindenlangstock und danach steht evtl. ein Blindenhund zur Diskussion. Ich bin mir sehr unsicher, ob ich diese Möglichkeit nutzen kann/sollte. Die Tiere werden ja von Anfang an hart trainiert (habe da viel negatives gehört) und leben wohl auch kürzer (nur vom Hörensagen). Allerdings wäre der Hund für mich natürlich eine riesige Hilfe im Alltag, vorallem beim Berufsweg, Besorgungen machen usw.

Das Thema wurmt mich echt ... Bin gespannt, was ihr mir dazu sagt.

Liebe Grüße und schöne Feiertage
Thomas

Auf der anderen Seite kümmerst du dich ja ab dann um das Tier und ihm geht es besser.
Vielleicht kann man das ja mit einem Tier vergleichen, das ein hartes Leben hatte und dann auf einem Gnadenhof landet?

Danke für deine Antwort. So ähnlich versuche ich auch zu denken, allerdings wird der Hund ja direkt für einen ausgebildet. Ich weiß wie streng man mit den Tieren eigentlich umgehen soll, damit sie nichts verlernen. Das würde mir allerdings sowieso niemals gelingen. Man soll sie ja nicht einmal frei toben lassen. Vielleicht muss es einfach mit dem Stock gehen und gut.

Ich finde das echt eine gute Sache und informiere dich doch einfach in einer Schule wie die Ausbildung abläuft. Soviel ich weiß werden ohnehin nur bestimmte Rassen trainiert. Ich denke die Bindung die du mit dem Hund eingehst ist eine sehr besondere Sache und steht meiner Meinung nach nicht im Konflikt mit der Definitition des Begriffs "vegan".

Ja, es werden eigentlich nur bestimmte Rassen ausgebildet. Generell empfiehlt man Labrador, Schäferhund und Großpudel, weil diese von ihrem Wesen her sehr "dienstfreudig" sind. Auf mehreren US-Seiten habe ich gelesen, dass der ebenfalls gern eingesetzte Riesenschnauzer oft durch absolute Unterdrückung gefügig gemacht wird, da er ja eher ein Querkopf ist.
Ich könnte dem Hund sicherlich ein gutes Leben bieten. Wir wohnen ja direkt am Stadtrand (Parkeingang direkt vor der Tür; See in 2min.; Gebirge in 10) und ich bin trotz der Behinderung sehr aktiv (Wandern, Joggen, Radfahren -als Sozius versteht sich-). Nur die Ausbildung usw. macht mir zu schaffen. Aber ich werde deinen Rat beherzigen und mal eine Schule in meiner Nähe besuchen.

lG

Hallo Thomas,

erst mal zu Deinem Einwand, Blindenhunde würden nicht so lange leben wie "normale" Hunde. Wieso sollten sie denn früher ableben, wegen ihres Dienstes, den sie Dir leisten? Das kann ich mir nicht vorstellen. Bestimmte Rassen wurden extra gezüchtet, um als "Gebrauchshunde zu dienen" und fordern auch ein gewisses Maß an Beschäftigung. Ich glaube folglich nicht, daß ein Blindenhund grundsätzlich ein schlechtes Leben führt, kenne mich auf dem Gebiet aber nicht aus und weiß auch nicht, wie der Alltag eines Blindenhundes so gestaltet ist.

ABER: Worte wie und "Gebrauchshund" und "Veganismus" schliessen sich meiner Meinung nach aus...

Auch bin ich gegen jede Art von Zucht.
Nicht nur, weil wir uns als Menschen damit über andere Lebewesen erheben und sie für unsere Zwecke ausnutzen, sondern weil sich durch gezielte Zucht auch eine nicht allzu kleine Palette an Erbkrankheiten entwickelt hat, unter denen die Tiere teilweise Zeit ihres Lebens leiden.
Etwa 50% der Rassehunde sind davon betroffen. Allen voran die Hüftgelenksdysplasie, welche auch bei Labrador und Schäferhund sehr verbreitet ist, also den von Dir aufgeführten Rassen.
Ich gehe davon aus, daß nur jene Hunde weiter als Blindenhunde ausgebildet werden, die sich in ihrer Wachstumszeit gesund entwickeln. Vermutlich werden die Hunde auch nur von Züchtern bezogen, welche einen großen Prozentsatz gesunder Hunde "produzieren".
Trotzdem stellt sich die Frage: Was passiert mit den kranken Tieren?
Werden sie eingeschläfert oder operiert? Letzteres wäre teuer und wohl nicht rentabel. Und wer kauft sich einen kranken Rassehund?

Auch Dein Einwand, daß Du wahrscheinlich nicht allzu streng mit dem Hund umgehen könntest, wirft Fragen auf.
Hattest Du schon mal einen Hund? Was ist, wenn Du nicht mit dem Hund zurechtkommst?

Ich selbst bin durch eine Freundin meines Freundes auf den Hund gekommen. Sie hat ihn unter Tränen an uns abgegeben, weil sie ein Kind bekam und dieser Doppelbelastung nach einem halben Jahr nervlich nicht mehr gewachsen war. Paul ist ein anstrengender und fordernder Zeitgenosse, muß ich zu ihrer Entschuldigung sagen.

Ich erzähle Dir das, um auch auf das "Geben" in der Beziehung zu einem Hund hinzuweisen. Sicherlich könnte Dir ein Blindenhund im Alltag sehr behilflich sein, allerdings bist Du mit Hund auch eingeschränkter. Du mußt ihn immer mit einplanen.

Das mußt Du wahrlich gut abwägen.

Liebe Grüße, Chris

Vielen lieben Dank für deine Zeilen, Chris. Ja, ich hatte 15 Jahre eine Golden Retriever Dame. Aber einen Blindenhund soll man eben anders behandeln. Er ist ja zugleich "Verkehrsmittel" und "amtliche Kennzeichnung im Straßenverkehr". Viele Trainer betonen halt immer wieder, dass man den Hund nur im Geschirr laufen lassen soll, damit er nichts verlernt. Eigentlich fordern die Kassen regelmäßig Gespannprüfungen, allerdings versuchen das die meisten Blinden zu umgehen, aus Angst ihren Freund weggenommen zu bekommen. Ich glaube nicht, dass ich dazu in der Lage wäre, diesen Hund so streng zu führen ...
Der Einschränkungen, die so ein Tier mit sich bringt, bin ich mir durchaus bewusst, allerdings müsste er oder sie ja dann sowieso überall mit hin (Arbeit, Einkauf, Urlaub, Sport). Und die Tobezeit kann ich mit Park- bzw. Seespaziergang verbinden.

Ich werde auf jeden Fall nach Ostern bei einer Schule nachfragen, wie der Alltag mit dem Hund denn wirklich aussehen sollte/kann. Leider berufe ich mich größtenteils noch auf Infos aus dem www.

Frohe Ostern euch allen
Thomas

Ultra schrieb:Ja, ich hatte 15 Jahre eine Golden Retriever Dame.

Dann kämpfe ich hier eh gegen Windmühlen...

Der Wunsch nach einem neuen Hund scheint ja bereits stark ausgeprägt zu sein.

Seit wann bist Du denn schon blind? /sehbehindert?

Nein, das tust du nicht. Obwohl ich mir einen Hund wünsche, sind meine Zweifel gegenüber einem abgerichteten Blindenhund dennoch groß (Harte Ausbildung, mit evtl. "Brechen" des Hundes (habe bspw. gelesen, dass Rüden aufreiten lassen müssen, oder ihnen das Schnüffeln komplett untersagt wird usw.), anderer Umgang im Alltag. Der Hund ist ja eigentlich verhaltensgestört (kein normaler Umgang mit Artgenossen, kein Schnüffeln, kein Toben).

Meine damaliger Hund war eben kein Führhund. Zu den Sehbehinderten gehöre ich schon seit meiner Jugendzeit. Kurzsichtigkeit mit -18dpt., Nachtblindheit, Blendempfindlichkeit, Netzhautrisse, implantierte Kunststofflinsen, welche bis auf etwa 50% des Normalsichtigen korrigieren konnten. Im Studium dann weiterer Abbau und die Diagnose RP-> gesetzlich blind seit 01.12.2011, vorher "stark sehbehindert" (unter 5%).

lG

Das was Du über die Blindenhundausbildung erzählst hört sich nun wiklich gar nicht gut an. Selbst wenn nur 50% davon zutreffen würde, erfolgt die Ausbildung doch unter Umständen, die man auf keinen Fall unterstützen sollte.

Man kann auch nicht damit argumentieren, dass es der Hund bei Dir dann gut hätte. Würde kein Blinder diese, wie Du selbst sagst, gebrochenen Hunde in Anspruch nehmen, oder auch vermeintlich "retten", gäbe es auch kein Angebot an solchen.

Natürlich ist das sehr utopisch, trotzdem sollte man nach seinen veganen Grundsätzen handeln und diese nicht beliebig nach Bedarf verschieben.

Der quasi komplette Verlust Deiner Sehkraft ist ja doch noch sehr aktuell und Du hast auch geschrieben, daß Du noch am Langstock ausgebildet wirst.

Hierzu fällt mir eine Unterhaltung von zwei Blinden neulich im Zug ein. Beide waren alleine mit Stöcken unterwegs und trafen sich zufällig. Sie unterhielten sie sich über einen gemeinsamen blinden Bekannten, den sie Beide seit Langem nicht mehr getroffen hatten. Sie führten dies auf seine scheinbar sehr schlechte Arbeit am Blindenstock zurück und kritisierten auch, dass er sich immer auf die Hilfe anderer verlasse.

Das hat mich etwas nachdenklich gemacht, da sich ja jeder Mensch in seinem Leben auf andere verläßt, aber eben nicht auf Fremde.

Wieso solltest Du also jetzt das Leben eines Hundes in Deine Behinderung involvieren; nur weil er sich als Nicht-Mensch nicht dagegen wehren kann?

Ich würde meine Energie also auf die Arbeit mit dem Blindenstock konzentrieren.
Falls der Wunsch nach einem Hund weiter wächst, würde ich (wenn es Dir möglich ist, bzw. Du nicht alleine lebst) einen gut sozialisierten Hund aus dem Tierheim adoptieren.

Gruß, Chris

Hallo, Chris. Erstmal nochmal vielen Dank für deine Antworten, die mir bei meinen Überlegungen wirklich sehr geholfen haben.

Ich weiß nicht, ob bei der Ausbildung generell mit Unterdrückung gearbeitet wird. Allerdings habe ich schon viel negatives im Netz dazu gelesen. Die Trainer behaupten natürlich das Gegenteil, aber die verdienen auch ihr Geld damit. Die Anschaffung eines Führhundes wird ja von der Kasse mit 15000-20000€ finanziert.

Ich kenne in unserer Stadt einen Vollblinden, der sich wahnsinnig schnell und sicher mit dem Stock bewegt. Da kam ich immer aus dem Staunen nicht mehr raus. Vor kurzem habe ich meine Mobitrainerin auf diesen jungen Kerl angesprochen und sie gefragt, ob sie ihn auch trainiert hätte: Der hat sich das alles selber beigebracht! Du hast ganz recht. Ich werde mich jetzt auf das Training konzentrieren.

lG und schöne Feiertage

Hallo Thomas,

freut mich, wenn ich Dich mit meinen Gedanken etwas weitergebracht habe!

Schöne Feiertage auch Dir!

Grüße, Chris

Ich wollte mal anmerken, dass ich es bewundernswert finde, dass du dennoch so aktiv bist und soviel Sport treibst. Lass dich nicht unterkriegen!

Vielleicht kannst du dich ja mit diesem Blinden, der sich so schnell und sicher fortbewegt, zusammensetzen und ihn fragen, ob er dir Tipps geben kann.

Grüß dich! Der Sport hat mir geholfen, diesen ganzen Mist besser durchzustehen. Ich habe bis vor einiger Zeit noch richtig heftig Sport gemacht (vorallem Kraftsport mit Schwerpunkt KDK, dann viel Akrobatikzeug). Ich könnte mir ein Leben ohne sportliche Aktivität einfach nicht vorstellen ...

Ich werde ihn auf jeden Fall mal ansprechen. (Falls ich ihn einholen kann. Naja, vielleicht mit dem Tandem ) Wollte mich jetzt auch mal mit der Fledermausortung befassen, aber ich glaube nicht, dass ich dafür schon empfindlich genug bin.

lG

Hallo Ultra!

Wenn du sehen konntest ist ein Hund plus Navi (z.B. Kapsys KapTen Plus) sehr zu empfehlen. Damit kannst du die für einen Blinden größt mögliche Autonomie erreichen. Lass dich auch nicht von den Kosten abschrecken, denn die werden meist vollständig von der Kasse übernommen. Vom veganen Standpunkt sehe ich keinerlei Probleme, da es dem Hund sicherlich gut bei dir gehen wird. Ausserdem fällt das wohl mehr als unter gesundem Egoismus. Wenn du gezielte Fragen hast, schreib mir eine PM da ich diese wahrscheinlich nur in einem persönlichen Rahmen beantworten kann.

Gruß,

Ben