Ottomane Sa Jun 29, 2013 11:30 am
Nekromantie! Aber ich denke das hier ist der Thread für "Carb Back-Loading"?
Persönliche Erfahrung
Ich habe "Carb Back-Loading" jetzt eine Weile probiert (~1,5 Monate). Ich komme bei mir zu dem Schluss, dass das Grundprinzip hinter "Carb Back-Loading" nicht funktioniert. Ich habe zwar abgenommen, aber das deckt sich zu gefühlten 100% mit dem bekannten Vorgang, dass man in einer Mahlzeit kaum den Tagesbedarf an Kalorien reinbekommt, besonders an einem Trainingstag. Kein Frühstück und kaum Fett und praktisch keine Kohlenhydrate zum Mittagessen -> kaum Kalorien. Man muss schon hauptsächlich auf Schokolade und andere Snacks als Mahlzeit setzen um den Kalorienbedarf an einem Abend für den ganzen Tag einzuholen.
In meinem Trainingslog schrieb ich ebenfalls, dass diverse kleinere Verletzungen und Beschwerden nicht richtig heilen wollten. Der Heilprozess begann um so besser zu erfolgen, je weiter ich vom Plan abwich. Eventuell ist "Carb Back-Loading" je nach Nahrungszufuhr zu Entzündungsförderlich um bei einem Kaloriendefizit volle Regenerationsfähigkeit zu gewährleisten. Zumindest schien dies bei mir der Fall zu sein.
Infragestellung des Konzepts
"Kiefer" setzt auf die gesunkene Insulinsensitivität der Fett- und Muskelzellen am Abend und die gestiegene Insulinsensitivität der Skelettmuskulatur nach schwerem Gewichtstraining. Theoretisch bleibt die Insulinsinsetivität der Skelettmuskelzellen jedoch über einen weiten Teil der Nahrungszufuhr weiter suboptimal für die Menge an zugeführten Kohlenhydraten. Rein oberflächlich betrachtet ist das quasi wie eine leichte, künstliche Form von Diabetes Typ II. Er hat sich aber entweder mal verhaspelt oder sein Prinzip aufgeweicht in dem er in einer Episode des Podcasts "Chaos and Bang your Earballs" von Paul Carter und Jamie Lewis meinte, dass man die KH auch an einem Ruhetag vor einem Trainingstag zuführen könnte und dann am Trainingstag die Kohlenhydrate auslässt. Dadurch rutscht das ganze durch die Verwischung mit "Carb Front-Loading" in ein simpleres Schema von einfacher Kalorienkontrolle über, ohne spezielle Sensitivitätszustände auszunutzen oder ein Timing zu erfordern.
Ergänzung: Die Verdauungsgeschwindigkeit der Speisen wird ebenfalls in "Carb Back-Loading" mangelhaft betrachtet. Solche Dinge wie Menge, Ballaststoffe, osmotischer Druck, usw. und der Umstand, dass eine Mahlzeit über Stunden verdaut wird, macht den Insulinstoß unwahrscheinlich und es handelt sich eher um einen Insulingipfel auf einer Kurve mit flacher Steigung. Wenn ich mir abends eine große Menge Reis einverleibe kann es gut sein, dass ein Teil davon noch verdaut wird wenn ich bereits am nächsten Morgen wieder wach bin.
Anzweiflung des Autors
Weiter zitiert Kiefer zwar wissenschaftliche Quellen, ich zweifle aber seine Qualifikation an die Quellen vernünftig lesen, vergleichen und korrekten Schlüsse daraus ziehen zu können. Er ist kein Wissenschaftler, sondern hat nur einen PhD. in einem hierfür irrelevanten Gebiet. Ich glaube nichteinmal im Ansatz, dass er die Menge an Papers, die er angibt, wirklich gelesen oder auch nur näher betrachtet hat. Er betrachtet in der Regel auch isolierte Einzelbetrachtungen und überträgt sie selbstständig in die reale Welt auf den komplexen menschlichen Körper unter wandelnden Bedingungen. Das ging in der Vergangenheit schon einmal kräftig in die Hose. Sein Artikel "Why women should not run" grenzte ans absurde. Kiefer himmelt weiter gesättigte Fettsäuren an und zweifelt die Nützlichkeit von Raps- und Olivenöl an.
Ad hominem
Bei Kiefers Selbstpräsentation und seinem Marketing gehen sämtliche Alarmleuchten für einen "Guru" und eine "Fad Diet" an. Seine Kritik an Veganismus und Vegetarismus ist ebenfalls haltlos und dient wohl eher seinem "Macho-Image".
Fazit:
"Carb Back-Loading" funktioniert, aber nicht aus den von Kiefer angegebenen Gründen. Es ist mehr ein simples Spiel mit der Psyche: Den Großteil des Tages wenig Kalorien konsumieren und am Abend alles "leckere" reinschaufeln. Also quasi trainingstägliches "Binge Eating". Je nach Verteilung und Menge des Gemüses ist das Zuführen von diversen Nährstoffen und vorallem sekundären Pflanzenstoffen gering oder zumindest suboptimal und die Verteufelung von Fructose führt zu einer sehr geringen bis gar keinen Obstzufuhr nach Plan. Kurtis Frank gibt in seinem sehr ähnlichen "Cheat Mode" bereits an, dass sein Plan nicht gesundheitsförderlich ist und nicht für einen längeren Zeitraum angewendet werden sollte. Weiter weist Kurtis darauf hin, dass nicht völlig klar ist wie der Körper langfristig auf stoßweises "Insulinschwemmen" reagiert.
Abnehmen kann daher wahrscheinlich gesünder, indem man es besser plant und/oder mehr Disziplin hat. Ich persönlich werde daher "Carb Back-Loading" fallen lassen und kann es an sich nicht mehr empfehlen.
Weitere Meinungen und Berichte wären natürlich förderlich für einen besseren Überblick.
EDIT: Grammatik, Rechtschreibfehler und Änderung von "Carb-Backloading" zu "Carb Back-Loading".
Zuletzt von Ottomane am So Jun 30, 2013 9:51 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet