Paleoköstler schlachten heilige Kühe

In den letzten drei Jahren werden aus dem Paleolager vermehrt einzelne Stimmen laut, die von den ursprünglich sehr rigiden Vorgaben (nur Fleisch, Eier, Gemüse und ein wenig Obst) abweichen und den Kanon "erlaubter" Nahrungsmittel erweitern.

Da war zunächst mal Paul Jaminet mit seiner "perfect health diet" und dem Konzept der "safe starches", d. h. vor allem Wurzelgemüse und weißer Reis, die in begrenzten Mengen auf dem täglichen Speiseplan stehen sollten.

Nun wendet sich die Diskussion den Hülsenfrüchten zu, und Stephan Guyenet traut sich mit einem eindeutigen thumbs-up aus der Deckung: http://wholehealthsource.blogspot.de/2013/11/beans-lentils-and-paleo-diet.html

Conclusion

Beans and lentils appear to be Paleo.  Peanuts are probably Paleo too.  But I would eat them even if they weren't.

As usual, this post is not intended to undermine the Paleo diet concept, but rather to refine a framework that I find useful for thinking about diet and human health.

Er rät dringend zum längeren Einweichen, bevor man sie kocht, um Phytinsäure- und FODMAPS-Gehalt zu verringern.

Damit steht einer veganen Paleodiät (die auch von progressiven omnivoren Paleojüngern als solche anerkannt wird, sollte das jemanden scheren) nichts mehr im Wege.

Es ist zu hoffen, dass das die gegenseitigen Animositäten zwischen Veganern und Paleoköstlern reduziert, denn ich denke wirklich, dass beide Seiten von einem sachlichen Austausch sehr profitieren können!

ich finde bei paleo liegt der fehler, dass evolution nicht so kurzfristig passiert, sondern eher über millionen von jahren und da sieht man, dass unsere vorfahren zu 95% obst, gemüse und einen kleinen teil nüsse und insekten gegessen haben, jagd war eher selten wie bei heutigen Affen, die dann meist auch nur andere affen jagen oder vll wird das sogar falsch interpretiert und es sind Kämpfe zwischen Affengruppen und die Toten werden verwertet.

Hülsenfrüchte sind okay  

Ich warte jetzt nur noch drauf, daß ein Paleo-Blogger demnächst Vollkorn freigibt, dann sind wir bei der von Loren Cordain kritisierten ADA-Mischkost  

Weißer Reis? Sehr steinzeitlich.  

Gorilla schrieb:
Ich warte jetzt nur noch drauf, daß ein Paleo-Blogger demnächst Vollkorn freigibt, dann sind wir bei der von Loren Cordain kritisierten ADA-Mischkost  

 

Gorilla schrieb:Ich warte jetzt nur noch drauf, daß ein Paleo-Blogger demnächst Vollkorn freigibt, dann sind wir bei der von Loren Cordain kritisierten ADA-Mischkost Doofes Grinsen

Dann lies' dir mal die Kommentare unter dem Artikel durch... 

Phoenix schrieb:Weißer Reis? Sehr steinzeitlich. rofl2

Manche Paleoköstler merken selbst, dass sie sich in ein zu enges Korsett zwängen, wenn sie lediglich Dinge zum Verzehr zulassen, die Steinzeitmenschen zur Verfügung standen. Kurt Harris nennt das "paleo-reenactment". Siehe hier: http://www.archevore.com/panu-weblog/2010/3/28/the-only-reasonable-paleo-principle.html

Mit anderen Worten: diese "Steinzeiternährung" ist nicht wirklich praktikabel und wir suchen uns jetzt ein paar Hintertürchen.  

Ich glaube, hinter der Inklusion vorher "verbotener" Lebensmittelgruppen steht wirklich eher die Einsicht, dass ein neuzeitliches Produkt allein deswegen, weil es während der Steinzeit noch nicht in größeren Mengen konsumiert wurde (wobei selbst das im Einzelfall fragwürdig ist - siehe Hülsenfrüchte/Getreide) nicht unbedingt schlecht sein muss.

Dahinter steht ein logischer Fehlschluss: Die Aussage "Wenn ein Lebensmittel in der Steinzeit schon häufig konsumiert wurde, ist der menschliche Körper daran gut angepasst" hört sich noch ziemlich nachvollziehbar an.

Die Probleme beginnen, wenn diese Aussage in unkorrekter Weise zur Kontraposition gemacht wird und dann dabei herauskommt: "Wenn ein Lebensmittel in der Steinzeit NICHT häufig konsumiert wurde, ist der menschliche Körper NICHT gut daran angepasst." Das ist ein logischer Fehlschluss, und allein auf dieser Aussage scheinen viele Verbote der Paleokost zu fußen.

Bei korrekter Kontraposition ändert sich die Schlussrichtung, und die ursprüngliche Aussage oben wird zu "Wenn unser Körper NICHT gut an ein Lebensmittel angepasst ist, dann wurde es in der Steinzeit NICHT häufig konsumiert." Das hört sich doch schon viel besser an - und vor allem lässt es Raum für gesunde neuzeitliche Lebensmittel.

human vegetable schrieb:"Wenn unser Körper NICHT gut an ein Lebensmittel angepasst ist, dann wurde es in der Steinzeit NICHT häufig konsumiert." Das hört sich doch schon viel besser an - und vor allem lässt es Raum für gesunde neuzeitliche Lebensmittel.

Glutenunverträglichkeit. Lactoseintoleranz. Manche Menschen vertragen Lactose und Gluten, andere nicht. Ist der Mensch nun angepasst oder nicht? Offenbar sind viele angepasst, aber viele eben auch nicht. Oder man schwurbelt irgendwas daher von wegen, dass eigentlich alle Menschen Gluten und Laktose irgendwie nicht vertragen, es aber nur nicht merken. Oder so. Gibt ja die wüstesten Theorien, was das betrifft.

Und welche "neuzeitlichen" LM sind denn "ungesund" und welche "gesund"? Darüber kann man ja nun auch schon wieder streiten.

Ich halte dieses ganze Paläokonzept für sehr unausgegoren.

Phoenix schrieb:Ich halte dieses ganze Paläokonzept für sehr unausgegoren.

Ich halte dieses Paleokonzept für totalen Blödsinn. Zumindest in der "strengen" Form. Nur weil ein Lebensmittel "neuzeitlich" ist, muss es doch noch lange nicht schlecht sein. Nach dieser Logik dürfte man auch keinen Bürojob machen, nicht in geheizten Räumen leben, keine Brille tragen, keine Zahnpasta benutzen usw.

Was interessantes zum Lesen: http://www.dr-moosburger.at/pub/pub058.pdf

Diesmal wagt sich Chris Kresser aus der Deckung und bricht eine Lanze für moderaten Hülsenfruchtkonsum: http://chriskresser.com/are-legumes-paleo?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+thehealthyskeptic+%28Chris+Kresser%29

Schon witzig, die ganzen Paleo-Scheinargumente gegen Hülsenfruchtkonsum (Lektine, Phytate etc.) von einem Paleoköstler selbst höchst kompetent widerlegt zu sehen. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte!   

Das Ende des Artikels ist auch interessant und lässt hoffen, dass die Paleoköstler in Zukunft eher noch offener für vernünftige Argumente werden:

The Merriam Webster dictionary defines dogma as “a belief or set of beliefs that is accepted by the members of a group without being questioned or doubted.” Google dictionary defines it as “a principle or set of principles laid down by an authority as incontrovertibly true.”

I feel strongly that we need to guard against this, both for our own benefit and if we want Paleo to be taken seriously in the scientific community and mainstream medical establishment. We should always be ready to question even our most cherished beliefs, and prepared to change our minds in the face of new evidence. And it’s imperative that we apply the same standards of critical thinking to Paleo arguments that we do to conventional arguments.

I’m by no means perfect in this regard. I’ve had blinders on in the past about certain issues (my stance on fructose and naturally-occurring omega-6 fats in foods like avocados come to mind), I’m sure I have blind spots now, and I won’t be immune to them in the future. Unfortunately, the tendency to succumb to groupthink seems to be a hardwired part of human nature. As clinicians, researchers, and scientists, all we can do is strive to be more rigorous and consistent in our thinking, and support each other in that process.

Ich warte nur auf den ersten exponierten Paleoguru, der öffentlich zum Veganismus konvertiert - lange kann es nicht mehr dauern. Andererseits täte es aber auch der "Puddingveganer"-Fraktion gut, ihren Konsum industriell gefertigter Lebensmittel zu überdenken.

human vegetable schrieb:

Ich warte nur auf den ersten exponierten Paleoguru, der öffentlich zum Veganismus konvertiert - lange kann es nicht mehr dauern.

Und es wäre nur konsequent, da der Vormensch, der Australopithecus, ein Veganer war;)

http://www.mpg.de/5871501/speiseplan_australopithecus

Und noch eins: Phytat wird durch Darmbakterien vom Antinährstoff zum Nährstoff umgewandelt!

http://freetheanimal.com/2014/02/phytate-becomes-nutrient.html