Kraft, ZNS und mentales Training

Hab heute das erste Mal näheres über Kraft und das zentrale Nervensystem gelesen, da mir der Zusammenhang bisher überhaupt nicht bekannt war.
Sehr interessant, insbesondere solche Ergebnisse wie "trainieren nur des rechten Arms stärkt auch den linken" oder "das Stärken einzelner Muskeln, die an einer Übung beteiligt sind hat nicht so viel Effekt wie tatsächlich die entsprechende Übung trainieren" (hab die Quellen gerade leider nicht mehr da)

Oder sowas hier: http://westallen.typepad.com/brains_on_purpose/files/mind_over_matter_shackell_07.pdf

Praktiziert jemand von euch so etwas aktiv?
Oder habt ihr sonstige Erfahrungen damit?

Stelle ich mir gerade ganz schön für einen Restday vor Insbesondere da ich eh sehr dazu neige vor mich hinzuträumen und meine (nicht vorhandenen) sportlichen Höchstleistungen zu visualisieren

Ich praktiziere so etwas nicht, weil es keinen Platz hat im tatsächlichen Krafttraining   
Die Entkopplung ZNS<->Muskelmasse wird zu sehr übertrieben. Die Idee, dass man "nur" sein ZNS trainiert bei diversen Trainingsmethoden und "nur" Muskelaufbau betriebt bei anderen ist eine ziemliche Fehlkonzeption. Ohne Chemikalien ist die Muskelkraft fast direkt proportional zur Muskelmasse. Bei komplexen Übungen ist mehr Spielraum durch richtige Technik und richtige Aktivierung der Muskeln in der Ausführung, hier kommt das ZNS ins Spiel, kann aber auch nur soviel ausmachen sobald die Beginnerphase vorbei ist.

ich wollte mich auch schon länger mal in diese ZNS-sache reingelesen haben.
allerdings mehr darauf bezogen, dass in BB-zusammenhängen öfter davon die rede ist, dass man wenn man zuvviel trainiert? das ZNS überlastet? oder irgendwie so. ist schon eine weile her.^^°

illith schrieb:ich wollte mich auch schon länger mal in diese ZNS-sache reingelesen haben.
allerdings mehr darauf bezogen, dass in BB-zusammenhängen öfter davon die rede ist, dass man wenn man zuvviel trainiert? das ZNS überlastet? oder irgendwie so. ist schon eine weile her.^^°

Das was da geblubbert wird, wird mit mentaler Erschöpfung (zulange das gleiche machen) verwechselt. Echtes Übertraining (die eigentliche Überlastung) ist eine sehr extreme Kiste und hat messbaren Effekt auf Ruhepuls, Verdauung und Muskelkraft. Dazu kommt ein galoppierender Verlust von Muskelmasse. Kaum ein Hobbytyp kommt jemals auch nur nah an den Bereich, das ist eher ein Problem für Hochleistungathleten (Bodybuilder sind für mich keine Athleten).

Ottomane schrieb:Hochleistungathleten (Bodybuilder sind für mich keine Athleten).

Äh, hallo?!   

Erstens mal, Bodybuilder sind per definitionem das Paradebeispiel für Athleten, laut Duden sogar das erste Synonym:

Duden schrieb:Ath­let, der

Wortart: Substantiv, maskulin
Worttrennung:    Ath|let
Bedeutungen

1.    (umgangssprachlich) kräftig gebauter, muskulöser Mann; Kraftmensch
2.   (Sport) Wettkämpfer

Synonyme zu Athlet und Athletin
Bodybuilder, Bodybuilderin, Herkules, Kraftmensch, Mister Universum, Tarzan; (umgangssprachlich) Eisenfresser, Eisenfresserin, Kraftpaket, Muskelmann, Muskelfrau, Muskelpaket, Muskelprotz; (umgangssprachlich, oft abwertend) Kraftprotz; (Medizin, Anthropologie) Athletiker, Athletikerin; (österreichisch umgangssprachlich abwertend) Kraftlackel
Spieler, Spielerin, Sportler, Sportlerin; (Sport) Crack, Wettkämpfer, Wettkämpferin; (Sportjargon) Akteur, Akteurin

Zweitens mal finde ich es echt unmöglich abwertend und überheblich, Bodybuilder nicht als Athleten im Sinne von Sportler zu bezeichnen. Die Hingabe an den Sport ist nicht weniger, eher mehr als bei den meisten anderen Sportarten, da BB in 100% der Zeit gelebt wird, nicht nur im Gym. Ein BB ist außerdem in der Regel wesentlich fitter und stärker als der Laie glaubt. Nur weil BB andere Ziele haben als Du, brauchst Du den Sport und die Personen nicht als Ganzes abwerten.

Drittens - on topic: ich bin mir sicher, dass die mentale Komponente einen großen Anteil am Trainingserfolg hat (habe jetzt keine Zeit das zu elaborieren), aber diese Studie hat einige Mängel, nicht zuletzt die lächerliche Dauer von 2 Wochen. Ein bereits trainierter Athlet wird niemals Kraftgewinn allein durch diese Art mentales Training erzielen, wenn er in dieser Zeit gleichzeitig aufhört, physisch zu trainieren.

Alex schrieb:[Reihe guter Argumente hier]

Das trifft definitiv alles zu. Ohne Zweifel. Habe nach dem Tippen auch nochmal den Duden bemüht und gegrübelt. Hatte da eher das Bild im Kopf, dass ein Athlet noch eine Fähigkeitskompenente hat (Werfen, Springen, Laufen, ...). Abwertend war es auch nicht gemeint, wir wissen ja grob alle wie nichttrivial es ist Muskeln aufzubauen und dann auch richtig und an den passenden Stellen. Von daher war keine böse Intention dahinter.
Aber das ist ja alles irrelevant, wenn der Duden das Wort so ausgibt, man sollte sich ja an den allgemeinen Sprachgebrauch halten.

Von daher ziehe ich die Aussage zurück und behaupte das Gegenteil. Asche auf mein Haupt.

Alex schrieb:Drittens - on topic: ich bin mir sicher, dass die mentale Komponente einen großen Anteil am Trainingserfolg hat (habe jetzt keine Zeit das zu elaborieren), aber diese Studie hat einige Mängel, nicht zuletzt die lächerliche Dauer von 2 Wochen. Ein bereits trainierter Athlet wird niemals Kraftgewinn allein durch diese Art mentales Training erzielen, wenn er in dieser Zeit gleichzeitig aufhört, physisch zu trainieren.

Hups, ich hab das alles wohl zu sehr überflogen  
Irgendwie hatte ich im Kopf, dass die "mental" Gruppe zusätzlich das mentale Training absolvieren sollte... Die zwei Wochen hatte ich auch überlesen...

Aber gut, war auch mehr als Gesprächsanreiz gedacht. Können uns gerne drauf einigen diese Studie nicht ernst zu nehmen

Zum Zusammenhang von Muskulatur und Nervensystem hätte ich auch noch eine Frage, die schieb ich hier einfach mal rein:

Ich habe HMSN, eine degenerative Nervenerkrankungen. Ganz grob zusammengefasst ist es so, dass die Reizleitungsgeschwindigkeit nachlässt und zwar umso mehr, je weiter ein Nerv vom ZNS entfernt ist. Beispielsweise habe ich im Unterschenkel noch eine Reizleitungsgeschwindigkeit von 20 m/s. Normal sind dort 50 m/s.
Ich baue dennoch Muskulatur auf, auch in der Peripherie. Haltet Ihr es für möglich, dass die von mir beschriebene Problematik die intramuskuläre Koordination beeinflusst, so dass ich auffallend langsam in der Bewegungsausführung bin? Ich kann z.B. lässig 40 Liegestütze am Stück machen. Aber im Vergleich mit anderen (auch mit relativ Untrainierten) bin ich dabei sehr langsam. Ich habe also Kraft, kann sie aber nicht schnell und erst recht nicht explosiv abrufen und es scheint mir manchmal, dass das nicht allein daran liegt, dass ich nun mal einen höheren Anteil an langsam zuckenden Muskelfasern habe. Was meint Ihr?

Hmm, kann ich jetzt nur spekulieren, aber das wird definitiv zu mehr Verzögerung bei der Aktivierung der Muskeln führen. Das sind aber bei beispielsweise 1,6 m (willkürlich gewählt) halt 0,08 s bis das Signal ankommt und nicht 0,03 s (halt Faktor 2,5). Das sollte man wohl eher nicht mit dem Auge beobachten können, nehme ich an.

Der Vergleich war mit anderen Damen, nehme ich an? Bei Männern hätten wir sonst wohl Verzerrung, da Männer proportional mehr Oberkörperkraft haben als Frauen.

Ich würde jetzt auch nicht blind auf Muskelfasertypenverteilung* tippen. Das könnte man erst sagen, wenn du explizit auf mehr Geschwindigkeit trainierst, aber nicht viel dabei rauskommt. Von daher würde ich eher aktiv mehr in Richtung bewusster Beschleunigung trainieren (mehr "UMPF" bei der Ausführung) und die Maximalkraft steigern und dann nach einer ganzen Weile weiter überlegen  


*Bei Wiki kann man dazu was lesen, es nämlich auch zwei verschiedene Typen "schnelle" Fasern.