Floey schrieb:Am 24.05. wagte ich mich, nach einem kraftmäßig recht erfolgreichen Jahr, bei der GDFPF - also dem deutschen dopingfreien Kraftdreikampf-Verband - anzutreten. Bis zur letzten Woche vor dem Wettkampf kam ich mit meinem Gewicht nicht dauerhaft unter 102kg; ich wollte aber lieber in der Klasse bis 100kg antreten, weil ich (bemessen an den Ergebnissen vom letzten Jahr) dort eher darauf hoffen konnte, nicht bloß gegen mich selbst zu kämpfen, und weil ich dort sogar eine realistische Chance auf eine WM-Qualifikation hatte!
So hielt ich also die letzte Woche vor dem Wettkampf noch akribisch Diät, verzichtete abends auf die Kohlenhydrate und am letzten Tag vor dem Wettkampf sogar noch fast vollständig auf Flüssigkeit. Natürlich stellte dies einen massiven Stress für meinen Körper dar, der mich launisch machte und unter dem insbesondere meine Freundin zu leiden hatte.
Dennoch stand ich so am Wettkampftag ohne Frühstück mit nur 98,8kg auf der Wage, woraufhin ich mir schnell Wasser und Nahrung zuführte. Aber schon beim Aufwärmen für die Kniebeuge merkte ich, dass schlechter Schlaf (aufgrund des Durstes), Dehydration und fehlende Kalorien mir ganz schön zugesetzt hatten - wer hätt's gedacht??
Mit 180kg stieg ich im ersten Versuch ein. Diese fühlten sich noch gar nicht mal so schwer an und kamen relativ flüssig - es gab zwei von drei weißen Lichtern von den Kampfrichtern, da dem einen die Tiefe nicht so ganz passte. Dann der zweite Versuch mit 190 kg: FAIL! Wie Tom mir sagte, war die Stange auf meinem Rücken nach oben gerollt, weil ich zu schnell mit dem Gluteus hochging, aber nicht mit dem Rücken; meine Freundin Nikki, die filmte und Tobi, der zusah und fotografierte, zeigten mir, dass ich übermäßig tief war. Jakob stellte später fest, dass ich meine Hüfte gar nicht vernünftig vorgeschoben hatte... naja, so konnte das auch nichts werden und im dritten Versuch legte ich ein weiteres Fail hin.
Beruhigt, dass ich wenigstens einen gültigen Versuch hatte, aber auch enttäuscht über meine eigentlich schwache Leistung ging ich mit den anderen in die vermeintlich lange Pause bis zum Bankdrücken. Als wir uns einige der anderen Athleten beim Bankdrücken ansahen, wurden plötzlich Jakobs und mein Name ausgerufen! Ich rannte irritiert zum Veranstalter, der mich informierte, dass das Bankdrücken vorverlegt worden sei!
Völlig außer mir legte ich mich also
unaufgewärmt auf die Bank, auf der 125kg auf mich warteten! FAIL! Durch die totale Verwirrung hatte ich nicht einmal das "Start"-Signal des Richters abgewartet, weshalb der Versuch sowieso ungültig gewesen wäre... Schnell nach drüben in den Aufwärm-Raum und noch kurz mit 100kg für den zweiten Versuch aufwärmen.
Dank Toms beruhigender Art kamen dann die 125kg im zweiten Versuch auch relativ souverän, doch kaum hatte ich die Hantel gerackt, hieß es von einigen Seiten "Dein Kopf, der war von der Bank!!". Eigentlich hätte der Versuch ungültig sein müssen, da ich beim Herablassen den Kopf von der Bank gehoben hatte, aber zwei von drei Richtern ließen mich gnädigerweise durchkommen.
Der letzte Versuch mit dann nur 130 (aufgrund meiner wachsenden Unsicherheit) entpuppte sich als das nächste Desaster! Plötzlich gefiel den Richtern meine Fußstellung nicht, da offenbar die linke Außenkante etwas vom Boden abhob! Ich musste nach dem entracken direkt wieder mit dem Gewicht ins Rack zurück und mich neu positionieren, was mir völlig die Konzentration und das Selbstvertrauen raubte - ein Gefühl wie im Sportunterricht, den ich immer gehasst habe!
Somit war natürlich auch mein letzter Bank-Versuch ein Fail und ich ging mit den anderen in die Pause vor dem Deadliften. In dieser Pause gab uns die eine Kampfrichterin und Veranstalterin noch ein paar Tipps, z.B. besonders darauf zu achten,
nicht mit dem Knie noch einmal runter zu gehen, um den Lift zu beenden. Nachdem Jakob und ich uns diesmal aus Vorsicht viel zu früh aufgewärmt hatten, kamen wir dann endlich mit dem Kreuzheben dran. Jakob ließ natürlich alles abartig einfach aussehen und bekam bei seinem ersten Lift mit 240kg zugerufen: "Aufwärmen ist drüben!"
Auch für mich lief der erste Lift hier super! 200 waren oben wie nichts. Ermutigt wagte ich mich im zweiten Versuch an 220 heran. Diese kamen auch ohne Problem, aber es kam wie es kommen musste und am obersten Punkt wurde mir klar, dass ich genau das gemacht hatte, auf das die Richterin uns noch einmal hingewiesen hatte - ich hatte das Knie noch einmal gebogen...
Ich wäre unglaublich gerne auf 230 gegangen und ich bin mir immer noch sicher, dass diese gekommen wären, aber zur Sicherheit wiederholte ich 220 noch einmal und mit Konzentration war es kein Problem, sie sauber zu heben.
Froh, dass ich wenigstens nicht auf 200 hängen geblieben war, sah ich der Siegerehrung entgegen und nahm meine Trophäe als Vizemeister der 100kg-Klasse im dopingfreien Raw-KDK an.
Ich muss sagen, dass es eine interessante und auch spaßige Erfahrung war, trotz aller Komplikationen! Ich muss aber ebenso sagen, dass mir die vielen Regeln im PL auch eine Megne Spaß rauben, gegenüber z.B. Strongman oder dem Training im Bodybuilding. In diesen beiden Sportarten geht es um das Resultat - das Gewicht muss einfach von A nach B oder von unten nach oben und es ist relativ egal wie; die Muskeln müssen einfach nur wachsen und wie man das geschafft hat, interessiert hinterher keinen.
Falls ich nächstes Jahr deutlich stärker bin und sich meine Technik etwas gesetzt hat, kehre ich vielleicht noch einmal zum GDFPF zurück - aber vielleicht entscheide ich mich auch, mich auf die Präsentation freier, wilder, roher Kraft im Strongman und die Präsentation gestählter Muskeln im Bodybuilding zu konzentrieren...