- Tipps für Masseaufbau und Kraftgewinn als Veganer –
Einleitung
Krafttraining und der Kalorienbedarf
Veganer - dazu verdammt, dünn zu bleiben?
Nun, wie ist das alles möglich? Zum Einen ist eine vegane Ernährungsweise in vielerlei Hinsicht wesentlich weniger belastend für den Körper, wie etliche Studien der jüngeren Zeit immer wieder zeigen. Tierprodukte sind voll von Stoffen wie Dioxinen (Vgl. z.B. G. F. Fries 1995), Schwermetallen (Vgl. Dallinger et al 1987) uvm. Durch die geringere Belastung, die von veganer Nahrung im Vergleich zu omnivorer Kost ausgeht, hat man als Veganer schon einen gewissen Vorteil in der Regenerationsfähigkeit.
Zum Anderen liefern pflanzliche Nahrungsmittel alles für den Menschen und spezieller: für den Muskelaufbau notwendige und darüber hinaus noch viele Nährstoffe, die für letzteren besonders förderlich sind.
Die im Folgenden besprochenen Tipps sollen helfen, sich all dies optimal zu Nutze zu machen und damit vor allem Neu-Veganern, die Kraftsport betreiben, bzw. Veganern, die neu mit dem Kraftsport anfangen, helfen, schnell gute Ergebnisse zu erzielen.
Proteine
Dennoch gibt es keinen Grund, es mit dem Protein zu übertreiben. Selbst mit einem Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht (im Ernstfall sogar noch weniger) kann man erfahrungsgemäß tolle Ergebnisse erzielen was den Aufbau von Muskelmasse betrifft.
Die besten veganen Proteinquellen sind:
• Tofu (ca. 15g Protein pro 100g)
• Sojafleisch (trocken bis zu 60g / 100g)
• Sojamilch (idR. >3g / 100ml)
• Lupinenprodukte wie Lupinenfilets, -schnitzel oder einfach Lupinensamen (zwischen 16 und 30g / 100g)
• Vegane Proteinpulver wie Soja, Erbse, Reis, Hanf… (bis zu >80g / 100g)
• Hanf- und Leinsamen (ca. 30g / 100g)
• Linsen (trocken ca. 23 g / 100g)
• Erdnüsse und Erdnussmuß/-butter (idR ca. 25 g / 100g)
• Andere Nüsse und Kerne (z.T. 15-30g / 100g)
• Hülsenfrüchte im Allgemeinen (z.T. 8g / 100g)
Kohlenhydrate
Viele Diätformen machen sich den GI zu Nutze, indem hochglykämische Nahrungsmittel ihnen zur Folge gemieden werden sollen, niedrigglykämische gegessen werden dürfen. Dies hängt damit zusammen, dass Insulin dafür sorgen kann, dass mehr Nahrungsfett als Körperfett gespeichert wird.
Auf der anderen Seite darf aber auch nicht vergessen werden, dass Insulin eben auch die Proteinsynthese des Körpers steigert, also eine anabole Wirkung hat. Es ist also nicht unbedingt sinnvoll, hochglykämische Kohlenhydrate permanent zu meiden; vielmehr ist es sinnvoll, diese in Kombination mit Proteinquellen im Aufbau zu sich zu nehmen.
Die meisten Zuckerarten sind dabei am potentesten. Ich rede jedoch nicht davon, sich kiloweise Zucker mit Proteinpulver reinzuziehen. Sinnvoll ist es evtl. nach dem Training einen Proteinshake mit etwas Traubenzucker zu sich zu nehmen, oder einfach nur ein Malzbier und anschließend eine vollwertige Mahlzeit zu essen. Dies gilt vor allem auch deswegen, weil sich die Muskeln besser und schneller erholen, wenn ihre Kohlenhydratspeicher nach dem Training schnell gefüllt werden.
Zudem sollte man im Aufbau nicht davor zurückschrecken z.B. auch weißen Reis oder Kartoffeln in Verbindung mit Proteinquellen zu essen, da diese einen relativ aber nicht bedenklich hohen GI haben.
Ansonsten sind für die dauerhafte Versorgung der Körpers mit Energie Kohlenhydrate (bzw. kohlenhydratreiche Speisen) mit einem niedrigen GI vorzuziehen. Dazu zählen z.B.:
• Vollreis
• Haferflocken
• Vollkornnudeln
• Süßkartoffeln
• Quinoa
• Vollkornbrot
• Obst wie Äpfel, Orangen, Birnen, Nektarinen uvm.
• Gemüse (zT jedoch nicht wenn gekocht)
• Weißer Reis
• Kartoffeln
• Obst wie Bananen oder Melonen
• Bestimmte Säfte wie Traubensaft
• Malzbier, Bier (alkoholfrei)
• Bestimmtes Gemüse wie Mais
Fette
Wie bereits erwähnt kommt es aber auch darauf an, die Richtigen Fette zu wählen. Es sollten nicht zu viele mehrfach ungesättigte Fette (also Omega-6 und Omega-3 Fettsäuren – kurz: FS) aufgenommen werden (maximal ein Drittel der Tageszufuhr) sondern verstärkt einfach ungesättigte und gesättigte Fette. Man liest überall, man solle möglichst viele mehrfach ungesättigte Fette zu sich nehmen, vor allem Omega-3 FS; aber diese Empfehlung richtet sich vor allem an fleischfressende Ottonormalverbraucher, die sich den Wanst mit gesättigten Fetten vollstopfen und keinen Schritt vor die Tür wagen.
Für vegane Bodybuilder und Kraftsportler muss die Devise lauten: Achtet auf gesättigte und einfach ungesättigte Fettsäuren.
• Erdnüsse und Erdnussmuß
• Cashewkerne
• Haselnüsse
• Paranüsse
• Olivenöl
• Rapsöl
Gute Quellen für gesättigte Fette sind:
• Kokosöl und Kokosfett
• Zartbitterschokolade (85 % Kakao)
• Erdnusscreme mit Palmfett
Man sollte bei mehrfach ungesättigten FS auf ein ausgewogenes Verhältnis achten. Omega-6 FS kommen auch reichlich in diversen Nüssen vor. Omega-3 FS sind hingegen seltener.
• Leinöl und Leinsamen
• Hanföl und Hanfsamen
• Rapsöl
• Walnussöl
Mikronährstoffe – Vitamine, Mineralien und Spurenelemente
• Blattgemüse (vor allem Spinat, Feldsalat, andere Salate)
• Kohlgemüse (vor allem Broccoli)
• Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte
• Andere Gemüsesorten (z.B. Möhren, Paprika usw.)
• Obst
Ähnliches gilt für Spinat, der reich an Eisen ist (wenn auch nicht so reich, wie man früher dachte) und darüber hinaus sogar noch ein gering wirksames, pflanzliches Steroid enthält (Vgl. Feldman et al. 2008). Allerdings bleibt der Effekt bei normalem Spinatkonsum relativ gering; erst ab Dosierungen von über einem kg am Tag wäre mit einer 20% Steigerung der Proteinsynthese (also einem deutlich verbesserten Muskelaufbau) zu rechnen – und das ist nicht empfehlenswert, da Spinat Oxalsäure enthält, eine Säure, die eine kalziumlösende Wirkung hat. Ein leichter Effekt durch regelmäßigen Spinatkonsum ist jedoch nicht auszuschließen.
• Vitamin B12 – kommt normalerweise nicht in pflanzlichen Lebensmitteln vor, wird aber in diversen Lebensmitteln wie Multivitaminsaft (der von Aldi ist vegan), mancher Sojamlich (z.B. Alpro) und Frühstückscerealien zugesetzt. Hier ist aber u.U. auch eine Nahrungsergänzung sinnvoll.
• Vitamin D – kann vom Körper selber hergestellt werden, mit Hilfe von Sonnenlicht (also öfter mal rausgehen); ist aber ansonsten nicht über rein pflanzliche Nahrung verfügbar.
• Jod – kann über Jodsalz in der Regel genüged aufgenommen werden; im Ernstfall hilft veganes Sushi oder Nahrungsergänzung.
Alle anderen Mikronährstoffe sind problemlos durch die oben genannten Nahrungsmittel verfügbar.
Zusammenfassung und ein Beispiel
Also, ganz grob über den Daumen gepeilt, kann man folgendes zur veganen Kraftsporternährung sagen:
• Viel und regelmäßig frisches Obst und Gemüse (roh, oder gedünstet)
• Viele aber nicht ausschließlich Vollkornprodukte
• Jede Menge Nüsse, gute Öle
• Regelmäßig Hülsenfrüchte, Tofu und andere Sojaprodukte zur Proteinversorgung
• Auf keinen Fall zu wenig essen
Um das ganze jetzt aber nochmal etwas zu konkretisieren, hier (nach ein paar zusammenfassenden Vorüberlegungen) mal ein Beispieltag für einen 80 kg schweren Athleten mit 3 Trainingstagen die Woche und einem durchschnittlichen Tagesbedarf von ca. 3000 kcal.
Ich hatte oben bereits erwähnt, dass es vorteilhaft ist, einen relativ geringen Teil der Energie aus Protein zu beziehen und einen relativ großen aus den entsprechenden Fetten. Zu beachten ist, dass 1g Fett ca. 9 kcal liefert, 1g Kohlenhydrate oder Protein jeweils 4 kcal (siehe z.B. http://www.vitanet.de/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/naehrstoffe). Wenn wir jetzt also 40% unserer Energie aus Fetten beziehen wollten, so würde dies über 130g Fett am Tag bedeuten. Wer aus gesundheitlichen Gründen vorsichtig sein will, kann auch ruhig nur 100g verzehren, was immer noch 30% der Tageszufuhr entspräche. Was das Protein angeht, so wird in der Literatur oft ein Wert von 1,2 bis 1,5g / kg Körpergewicht am Tag empfohlen. Bei unserem Beispielathleten wären das also lediglich etwas über 100g! Diese Menge würde dann 13% der täglichen kcal ausmachen und würde damit auch recht gut den Empfehlungen aus der Studie von Volek et al (für einen möglichst hohen Testosteronspiegel – ihr erinnert euch?) entsprechen. Die restlichen Kalorien (47 %) sollten dementsprechend aus Kohlenhydraten stammen; das bedeutet satte 352,5g Kohlenhydrate.
Es macht nichts, wenn man nur Näherungswerte erreicht. Manchmal wird man vielleicht etwas weniger zu sich nehmen, manchmal etwas mehr – gehen wir daher also mal von ca. 120-130g Fett, 100-120g Protein und 320-350g Kohlenhydraten aus. Mit dieser Aufteilung haben wir im Prinzip alle Faktoren – zumindest was die Makronährstoffe angeht – optimiert, denn die relativ geringe Protein- und relativ hohe Fettzufuhr sorgen dafür, dass der Körper besser Testosteron produzieren kann; die vielen Kohlenhydrate sorgen dafür, dass viel Insulin ausgeschüttet wird. Wenn wir jetzt noch in Betracht ziehen, dass uns Nüsse, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse als wertvolle Lieferanten für fast alle Mikronährstoffe dienen, können wir problemlos unsere Ernährung für den 80kg Beispielathleten planen.
Frühstück:
o 170g Yofu
o 25g Zartbitterschokolade (85% Kakao)
o 1 Banane
o 40g Haferflocken
o Gesamt: 504,3 kcal | 16,99g EW | 88,36g KH | 20,11g Fett
Zwischenmahlzeit 1:
o Sandwich aus:
- 1 Scheibe Vollkornbrot
- 70g Räuchertofu
- 2 große Salatblätter (Eisbergsalat)
- ½ Tomate
- 20g Paprika-Chili Streichcreme (Alnatura)
o 1 Birne
o 1 Banane
o Gesamt: 544,9 kcal | 17,32g EW | 83, 48g KH | 14,05g Fett
Mittagessen:
o 7 mittelgroße Kartoffeln (mit Jodsalz)
o Gedünstetes Gemüse:
- 3 mittelgroße Champignons
- 1 Möhre
- ½ Zucchini
- 5 mittelgroße Broccoli-Röschen
o 1 Lupinenfilet (100g)
o 10 ml Olivenöl
o Gesamt: 800,34 kcal | 44,67g EW | 96,43g KH | 17,74g Fett
Zwischenmahlzeit 2 :
o 50g Nussmischung
o 50g Blaubeeren
o 1 Orange
o 1 Apfel
o Gesamt: 501 kcal | 10,97g EW | 43g KH | 28,5g Fett
Abendessen:
o Shake aus:
- 250ml Multivitaminsaft (mit B12)
- 20g Erdnussmuß (ca. 1 EL)
- 15g geschälte Hanfsamen (ca. 2 EL)
- 20g Leinsamen (2-3 EL)
- 25ml Kokosöl (2-3 EL)
- Evtl. Wasser zum Verdünnen und Süßstoff oder Stevia zum nachsüßen
o Gesamt: 589,05 kcal | 16,92g EW | 33,37g KH | 42,3g Fett
Nährwerte für den ganzen Tag:
o ca. 2940 kcal
o ca. 107g EW
o ca. 345g KH
o ca. 123g Fett
Abkürzungen: EW = Eiweiß bzw. Protein, KH = Kohlenhydrate, kcal = Kilokalorien
Es gibt natürlich mit den oben genannten Nahrungsmitteln und weiteren, ungenannten (wie Sojawürstchen, Weizenfleisch andere Obst- und Gemüsesorten usw.) noch zig Variationen, mit denen man es schaffen kann so zu essen. Eine Eiweiß-Unterversorgung ist wirklich leicht zu vermeiden; eine Eiweiß-Überversorgung kommt schnell mal zu Stande, wenn man bestimmte Lebensmittel gerne isst.
Noch ein paar Worte zur Verteilung
Was vielleicht auch auffällt, ist, dass die KH tendenziell über Tag eher weniger werden je Mahlzeit, die Fette eher mehr. Dies hängt damit zusammen, dass man morgens idR aktiver ist und daher eher schnell verfügbare Energie braucht (KH) während man abends eher die Langzeitversorgung des Körpers mit Energie sicherstellen sollte (Fette). Zudem reagieren manche Athleten sensibel auf die Aufnahme von KH in den Abendstunden und setzen so eher Körperfett an. Hier bleibt aber jedem selbst überlassen, Erfahrungen zu sammeln.
Ein weiterer Punkt ist die relativ regelmäßige Verteilung des EWs über den ganzen Tag. Diese wird normalerweise in der Literatur für eine optimale Aufnahme und den Schutz der Muskulatur von katabolen Prozessen des Körpers empfohlen. Es gibt auch Studien, die behaupten, dass eine bessere Proteinsynthese in der Muskulatur stattfände, wenn man zu einzelnen Zeitpunkten größere Mengen EW zu sich nimmt und zwischendurch lediglich ein paar BCAAS supplementiert (Vgl. Norton u.Wilson 2009). Aber im Allgemeinen sollte man mit einer regelmäßigen Proteinzufuhr am sichersten fahren.
Eine ganz wichtige Sache noch zum Schluss: Die beste Ernährung bringt nichts, wenn man nicht hart (und intelligent) genug trainiert und nicht genug Ruhe bekommt. Die Muskulatur kann nur wachsen, wenn man sie dazu anregt und dem Körper die Zeit und die Rohstoffe gibt, sie zu verstärken und vergrößern.
Also: Train hard, train smart, eat right and rest well!
Wissenschaftliche Quellen:
o Dallinger, R. et al. 1987. “Contaminated food and uptake of heavy metals by fish: a
review and a proposal for further research”. Oecologia. Vol. 73
o Fries, G.F. 1995. “A review of the significance of animal food products as potential pathways
of human exposures to dioxins”. Journal of Animal Science. Vol. 73
o Gorelick-Feldman, J. et al. 2008. “Phytoecdysteroids Increase Protein Synthesis in Skeletal Muscle Cells”. Journal of Agricultural and Food Chemistry. Vol. 56
o Jeffery E. H. und Araya M. 2008. “Physiological effects of broccoli consumption”. Phytochemical Review. Vol. 8
o Kalman, D. et al. 2007. “Effect of protein source and resistance training on body composition and sex hormones”. Journal of the International Society of Sports Nutrition. Vol. 4, 4
o Norton, L. und Wilson G. J. 2009. “Optimal protein intake to maximize muscle protein synthesis: Examinations of optimal meal protein intake and frequency for athletes”. AgroFOOD industry high-tech. Vol. 20, 2
o Roberts, M. D. et al. 2007. “Effects of arachidonic acid supplementation on training adaptations in resistance-trained males”. Journal of the International Society of Sports Nutrition. Vol. 4, 21
o Symons, B. et al. 2009. “A Moderate Serving of High-Quality Protein Maximally Stimulates Skeletal Muscle Protein Synthesis in Young and Elderly Subjects”. Journal of the American Dietetic Association. Vol. 109
o Volek, J. S. et al. 1997. “Testosterone and cortisol in relationship to dietary nutrients and resistance exercise”. Journal of Applied Physiology. Vol. 82
Internetressourcen (Stand: 02.10.2010):
o http://www.daskochrezept.de/bundeslebensmittelschluessel/
o http://www.lebenswichtig.de/catalog/pages.php?page=naehrwerttabelle
o http://www.montignac.com/de/ig_tableau.php
o http://www.oel-wechsel.com/Probleme/Problem3_Verhaeltnis.htm
o http://www.team-andro.com/arachidonsaeure.html
o https://www.uni-hohenheim.de/wwwin140/info/interaktives/energiebed.htm
o http://www.vitanet.de/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/naehrstoffe
Zuletzt von Floey am Do Feb 11, 2010 7:57 am bearbeitet; insgesamt 9-mal bearbeitet