Popeye So Apr 01, 2012 3:36 am
Eine lustige Information zum Thema "Soja":
"Die Geschichte wiederholt sich: Gestern ging es um Innereien, heute um Soja. Soja-Freunde können gar nicht verstehen, warum so viele Leute nur nach diesem Nahrungsmittel greifen, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen dazu gezwungen sind. Sein Geschmack hat sich mittlerweile deutlich verbessert. Doch von der Macht der Erwartungen und Vorurteile war ja bereits die Rede.
Eines Tages wandte sich das National Soybean Research Center an unser Food and Brand Lab, um herauszufinden, woher die Soja-Abneigung rührt. [13] Interviews mit Leuten über vierzig ergaben, dass sie generell Vorurteile in Bezug auf Geschmack, Nachgeschmack und Konsistenz von Soja-Erzeugnissen hatten. Manche wegen schlechter Erinnerungen an die übel schmeckenden Soja-Sättigungsbeilagen, die in den sechziger und siebziger Jahren in der warmen Schulspeisung angeboten wurden.
Andere Vorurteile beruhten auf Assoziationen, die eigentlich nichts mit Soja zu tun hatten. Einige der testpersonen erwähnten, dass sie bei dem Wort "Soja" (eigentlich soy) immer gleich an einen Charlton-Heston-Film aus dem Jahr 1973 mit dem schönen Titel Soylent Green dachten. In der darin präsentierten Welt der Zukunft ist die einzige Nahrungsquelle eine mysteriöse grüne Substanz mit dem Namen soylent green. Als Charlton Heston am Schluss des Films entdeckt, dass diese aus Menschenkonzentrat hergestellt wird, streckt er die Arme himmelwärts, fällt auf die Knie und ruft aus: "Soylent green - das sind Menschen!". [14]
Obwohl sich der Geschmack und die Konsistenz von Soja in den letzten Jahren verbessert haben, führt die Erwartung, dass ein Nahrungsmittel mit Soja schlecht schmeckt, dazu, dass die Leute es als schlecht schmeckend bewerten. Aber was ist, wenn es gar keine Soja-Bestandteile enthält? Wird der Geschmack auch dann beeinflusst, wenn die Testperson lediglich glaubt, eine bestimmte Substanz befinde sich in einer Speise?
Wir führten unsere Phantom-Ingrediens-Studie im Staat Illinois durch, dem größten Produzenten von Sojabohnen in den Vereinigten Staaten. Zu diesem Zweck manipulierten wir die Einwickelpapiere von 155 Müsliriegeln so, dass auf ihnen entweder "Enthält 10 Gramm Protein" oder "Enthält 10 Gramm Soja-Protein" zu lesen war. Der einzige Unterschied bestand also in dem kleinen Wörtchen "Soja". In Wirklichkeit enthielt der Müsliriegel nicht die geringste Spur von Soja-Protein, es handelte sich also um einen Phantom-Inhaltsstoff. Wenn die Probanden beim Essen eines solchen Riegels glaubten, Soja zu schmecken, ließen sie sich von der Macht der Suggestion beeinflussen.
Wir baten die Testpersonen, einen Blick auf die Verpackung der Riegel (die ihnen als neues Produkt vorgestellt wurden) zu werfen und diese dann zu probieren. Diejenigen, die die Riegel mit der Aufschrift "Enthält 10 Gramm Protein" erhielten, beschrieben sie positiv. Sie sagten, sie schmeckten nach Schokolade, hätten Biss und seien schmackhaft. Die Vergleichspersonen mit der Verpackungsaufschrift "Enthält 10 Gramm Soja-Protein" äußerten sich weniger positiv. [15] Viele spuckten den Bissen sofort wieder aus oder baten um einen Schluck Wasser. Als wir sie nach ihrer Meinung fragten, erklärten sie, die Riegel hätten einen unangenehmen, kreideartigen Nachgeschmack, der überhaupt nichts mit Schokolade zu tun habe.
Das waren schlechte Nachrichten für unsere Soja-Freunde. Aber Einstellungen verändern sich, und es gibt gute Beispiele, dass es nur noch etwas Zeit und innovative Ideen braucht. Vor dreißig Jahren hätte vermutlich niemand "probiotische Kulturen" gegessen. Aber sobald jemand auf die Idee gekommen war, Früchte, Zucker und Geschmacksstoffe hinzufügen und innovative Marketingstrategien einzusetzen, veränderte sich unser Geschmack."
© Brian Wansink "Essen ohne Sinn und Verstand: Wie die Lebensmittelindustrie uns manipuliert" (2008), S. 113-114.
[13] Die frühen Soja-Projekte wurden vom National Soybean Research Center initiiert, später erhielten wir auch Geld vom Council for Agricultural Research, vom Illinois Soybean Program Operating Board und vom Illinois Center for Soy Foods.
[14] In Russland gibt es ein anderes Problem, denn dort klingt das englische Wort "soy" wie das Akronym für ein Atombombensystem. Der beste Überblick über solche Assoziationsstudien befindet sich in: Brian Wansink, Marketing Nutrition: Soy, Functional Foods, Biotechnology, and Obesity (Champaign: University of Illinois Press, 2005); Brian Wansink u. Randall Westgren, "Profiling Taste-Motivated Segments", in: Appetite 4:3 (Dez. 2003), 323-27; Brian Wansink, "Overcoming the Taste Stigma of Soy", in: Journal of Food Science 68:8 (Sept. 2003), 2604-06.
[15] Das passierte jedoch nicht bei allen. Testpersonen, die sich selbst als ausgesprochen gesundheitsbewusst bezeichnet hatten, ließen sich weder positiv noch negativ von dem Etikett mit der Aufschrift "Soja" beeinflussen. Mehr dazu in Brian Wansink u. Se-Bum Park, "Sensory Suggestiveness and Labeling: Do Soy Labels Bias Taste?", in: Journal of Sensory Studies 17:5 (Nov. 2002), 483-91.